10Gewaltfreiheit als Lebenshaltung
Im Verlauf des 17. Jahrhunderts nannten sich die Schweizer beziehungsweise Pfälzer Täufer immer häufiger „Mennoniten“, um sich vom alten, immer noch negativ konnotierten Begriff „Wiedertäufer“ zu distanzieren. Damit verband sich auch der Wunsch, nicht mit gewaltsamen Ereignissen wie dem Bauernkrieg (1525) oder der Herrschaft der Täufer in Münster (1534/35) in Verbindung gebracht zu werden.
Bereits Menno Simons, ein friesischer Täufer, der von 1496 bis 1561 lebte und auf den die Mennoniten sich zurückführen, war davon überzeugt, dass ein Christ sich nicht mit der Waffe verteidigen dürfe. Ein Zitat von ihm findet sich auf dem Denkmal auf dem Friedhof. Dieses erinnert an die täuferische Grundhaltung, das Leben ganzheitlich nach gewaltfreien Prinzipien zu führen – in Wort und Tat!
Doch die Geschichte der mennonitisch-täuferischen Gewaltfreiheit verlief nicht ohne Brüche. Veränderungen der politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen brachten unterschiedliche mennonitische Antworten hervor. So sorgten beispielsweise die ab dem 19. Jahrhundert populären Ideen von der Gleichheit aller Menschen dafür, dass es zunächst in der Frage der Wehrpflicht keine Ausnahmen mehr gab. Eine Verweigerung aus Gewissensgründen war nicht möglich. Dies hieß für Mennoniten, entweder auszuwandern oder Kriegsdienst zu leisten. Viele Mennoniten waren im 19. Jahrhundert jedoch schon so weit integriert in die Gesellschaft, dass sie sich dazu entschlossen, Kriegsdienst zu leisten. Mennoniten nahmen als Soldaten sowohl am 1. als auch am 2. Weltkrieg teil. Erst nach 1945 besannen sich die Mennoniten in Deutschland wieder auf das täuferische Friedenszeugnis.
nachgeforscht
1527 versammelten sich täuferische Prediger in Schleitheim (Schweiz), um Grundlagen und gemeinsame Überzeugungen der bereits sehr vielfältigen täuferischen Bewegung zu besprechen. Ergebnis waren die „Artikel von Schleitheim“.
Hier der Artikel 6 über die obrigkeitlichen Befugnisse:
Das Schwert ist eine Ordnung Gottes ausserhalb der Vollkommenheit Christi. Es straft den Bösen und schützt und schirmt den Guten. Im Gesetz wird das Schwert über die Bösen zur Strafe und zum Tode verordnet. Es zu gebrauchen, sind die weltlichen Obrigkeiten eingesetzt. In der Vollkommenheit Christi aber wird der Bann gebraucht allein zur Mahnung und Ausschliessung dessen, der gesündigt hat, nicht durch Tötung des Fleisches, sondern allein durch die Mahnung und den Befehl nicht mehr zu sündigen.
Quellenangabe:
Urs B. Leu/Christian Scheidegger (Hg.), Das Schleitheimer Bekenntnis 1527, Zug o.J., S. 69
nachgeforscht
1632 wurde von den niederländischen Doopsgezinden das Bekenntnis von Dordrecht verabschiedet. Es erschien 1664 in deutscher Sprache und wurde somit auch für die Mennoniten im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation von Bedeutung.
„14. Artikel: Von der Rache und Gegenwehr
Was die Rache angeht, dem Feinde mit dem Schwert zu widerstehen, davon glauben und bekennen wir, dass der Herr Christus seinen Jüngern und Nachfolgern alle Rache und Widerrache untersagt und verboten hat, und hingegeben geboten und befohlen (Matth. 5, 39, 44; Röm, 12, 14; 1. Petr. 3, 9), Niemand Böses mit Bösem, noch Scheltwort mit Scheltworten zu vergelten, sondern das Schwert in die Scheide zu stecken, oder wie die Propheten geweissagt haben (Jes. 2, 4; Mich. 4, 3) Pflugeisen daraus zu machen. Woraus wir verstehen, dass wir daher Seinem Exempel, Lehr und Leben zufolge Niemand beleidigen, einigen Verdruss oder Übel mögen antun, sondern vielmehr aller Menschen höchste Wohlfahrt und Seligkeit uns gebühre zu suchen, und wenn es die Not erfordert, um des Herrn willen zu fliehen von der einen Stadt oder Land ins andere, ja auch Beraubung der Güter zu leiden (Matth. 5, 39), aber Niemand zu beleidigen, und da man geschlagen wird, lieber den anderen Backen darzuhalten als sicher selber zu rächen oder wieder zu schlagen. Und dass wir über das auch für unsere Feinde müßten bitten, auch wenn sie hungrig oder durstig sind, sie laben und speisen, und sie also mit Wohltun zu überzeugen und alle Unwissenheit zu überwinden. Endlich, dass wir müssen Gutes tun, und uns gegen alle Gewissen der Menschen wohl und gütiglich überzeugen, und nach Christi Gesetz Niemand was anders mögen tun, als wir wollen, dass uns geschehe. Matt. 7, 12.“
Quellenangabe:
Urs B. Leu/Christian Scheidegger (Hg.), Das Schleitheimer Bekenntnis 1527, Zug o.J., S. 69
nachgehört
Lassen Sie sich noch einmal mitnehmen auf einen Ausflug auf den Weierhof im Jahr 1846.
Carl Harder war Prediger der Mennonitengemeinden Königsberg, Neuwied und Elbing. In Neuwied war er zudem Hauslehrer der Prinzessin Elisabeth zu Wied, der späteren Königin von Rumänien, auch bekannt unter dem Künstlernamen Carmen Sylva.
Der Text stammt aus:
Carl Harder, Die Mennonitengemeinde auf dem Weyerhof, in: Monatsschrift für die evangelischen Mennoniten, Oktober 1846, S. 4-8
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Aktuelle Gedanken aus mennonitischem Munde und aus mennonitischer Feder:
Erzähl mir vom Frieden (Martina Basso)
nachgelesen
Ein Gedicht zum Frieden (Doris Hege)
Frieden auf Erden
und den Menschen ein Wohlgefallen
aufgewühlt ist unsere Zeit, voll Leid und Schmerz
Ohnmacht stellt sich dem Unfriede entgegen
Dennoch: Gottes Friede kommt
Unscheinbar, hilfsbedürftig und klein
als Licht im Dunkel
Friede segnet uns
erleuchtet mit Gottes Kraft
erfüllt mit Gottes Friede
beschenkt mit Gottes Liebe
Friede fängt bei uns an
mit mir in Frieden sein
mir Fehler verzeihen
mich annehmen und beschenken lassen
Friede wirkt durch uns
licht sein, achtsam sein
füreinander da sein
den Menschen sehen
Frieden leben
zur Ehre Gottes
und zum Wohlgefallen von Menschen

Die zehn Stationen

Mennoniten auf dem Weierhof
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Täuferbewegung und Reformation
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Kirche in der Öffentlichkeit und landwirtschaftliche Innovationen
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