9Ansiedlung auf dem Weierhof
Mit der Mennistenkonzession, also der Einladung des pfälzischen Kurfürsten, verbanden sich 1664 für die neuen Siedler bestimmte Zugeständnisse, aber auch Bedingungen. So durften sich die Täufer in der Kurpfalz ansiedeln und Land pachten. Im Kriegsfall mussten sie keinen Wehrdienst leisten. Allerdings waren die Täufer verpflichtet, eine festgelegte Summe an die Obrigkeiten zu zahlen, ein „Schutzgeld“. Und es war ihnen verboten, für ihren Glauben zu werben. Die Täufer durften ihren Glauben frei leben, auch wenn ihnen ein Gottesdienst nur „privatim“ und nur in jenen Orten gestattet war, in denen eine Mindestzahl an Täufern wohnte.
Kirchen durften die Täufer im 17. Jahrhundert noch nicht bauen; ihre Gottesdienste mussten sie in ihren Häusern abhalten. Die Weierhöfer Mennoniten versammelten sich bis ins späte 18. Jahrhundert im Adamshof (gegenüberliegend, Crayenbühlstr. 13), „in der oberen Stube“. Der Name Adamshof geht zurück auf Adam Krehbiel, der von 1731 bis 1804 lebte. Er war gut vernetzt in Kreisen der pietistischen Erweckung seiner Zeit und unterhielt unter anderem einen Briefwechsel mit dem Mülheimer Mystiker Gerhard Tersteegen. Krehbiel setzte sich für eine Erneuerung der mittlerweile recht traditionalistisch gewordenen Mennoniten ein.
nachgeforscht
Rund um die Duldung der Mennoniten in der Pfalz entstand ein lebhafter Schriftverkehr.
Generalbefehl an sämtliche Ämter:
Demnach wir gnädigst vernehmen, dass sich die Mennonisten in unseren Landen dergestalt mehr und mehr einschleichen, dass wie viel ihrer an der Zahl man nicht einmal weiss, als ist unser gnädigster Befehl, dass ihr eine accurat Designation nicht allein wie viel Haushaltungen de praesenti sowohl der Mennonisten als anderer Ihresgleichen, sondern auch wieviel Personen in einer jedweden Haushaltung in dem Euch anvertrauen Amt sich befinden, wie lange sie in der Pfalz sich aufhalten und aus was für einem Lande sie gebürtig und herkommen seien, einschicket mit genauer Beobachtung, welche unter ihnen bis dato in die Schatzung noch nicht gezogen sind, um selbige von dato ihrer Ankunft darin zu ziehen, und ass ihr die Verfügung tut, damit hinfüro kein einiger Mennonist sich einschleiche, es hätte ihn denn zuvor der Schultheiss bei Euch und Ihr ferner bei unserer Kanzlei denselben angezeigt. […]
Heidelberg, 28. Juli 1664
Mennistenkonzession (1664):
Lieber Getreuer.
Euch ist vorhin bekannt, wes Gestalt seiter des langwierigen Kriegs und dadurch verursachter Erödt- und Verwüstung Unseres Kurfürstentums und Landen unter anderen Einkommlingen, auch eine Art Leute, die man Mennisten nennt, sich eingefunden, welche ihre Versammlungen vor anderen im Reich üblichen Religionis absonderlich halten, des Gewehrs und aller Kriegshändel sich äussern auch sonsten etwa eine oder andere Sonderbarkeiten unter sich haben, nach denen wir uns zu erkundigen aus mehreren Ursachen, zuvörderst weil wir Menschen und Untertanen, die das verödete Land wiederum bauen und instand bringen, höchst bedürfen, nicht ratsam erachten.
Wenn wir nun vorerwähnte Mennisten und anderer so zu ihnen insgemein gerechnet werden, vorerst uns bis zu anderwärtiger Unserer Verordnung in unserem Kurfürstentum, jedoch auf gewisse beschränkte Mass zu gedulden entschlossen, als befehlen wir auch hiemit gnädigst und wollen, dass ihr alle dergleichen in Unserem Euch anvertrauten Amt befindlichen Personen, in eine gewisse Verzeichnis bringt, demnächst ihnen bedeutet, dass sie ihre Gottesdienste in Dörfern, wo fünf oder mehr Hausgesessene wohnen, in ihren Zusammenkünften dergestalt halten mögen, dass nicht mehr als zwanzig Personen sich auf einmal beeinander finden, dazu dass sie von anderen Religionsverwandten niemand zu sich hereinlassen, nichts Gotteslästerliches, aufrührerisches oder der Obrigkeit verkleinerliches reden oder tun, daneben des Wiedertaufens sich gänzlich enthalten, und zur Recognition für dieses ihnen verstattete Freiheit dies Jahr ein jedweder Hauswirt drei, hernächst jährlich und alle Jahre, so lange wir dieses Konzession nicht einziehen, sechs Gulden über dasjenige, so andere Unserer Untertanen uns entrichten, zahlen. Welches ihr Uns unterm Titel Menisten Recognitionsgelder zu berechnen habt, mit dieser Verwarnung, dass, da Personen, so sich bei euch nicht angemeldet und in voranbefohlenen Verzeichnis nicht gebracht wären, in dem Euch anvertrauten Amt, es seien Mennisten oder deren genannte Brüder und Angehörigen, sich würden betreffen lassen, dieselbe nicht allein vor sich, sondern auch diejenigen, welche sie unterschlüffet, mit ernster arbitrat straff sollen angesehen und in unserem Kurfürstentum und Landen ihnen kein Aufenthalt verstattet werden. Daran verrichtet ihr Unseren gnädigen Willen und erste Meinung.
Heidelberg, den 4. August 1664
Quellenangabe:
Transkriptionen von Christian Neff, in: Mennonitische Forschungsstelle Weierhof
nachgeforscht
Adam Krehbiel war von 1766 bis 1804 Prediger auf dem Weierhof. In seinem Haus, dem Adamshof, fanden lange die Versammlungen der Gemeinde statt.
1766 verfasste Krehbiel einen Brief an den Mühlheimer Mystiker Gerhard Tersteegen.
Weyerhof in der Pfalz, den 30. April 1766
In der Gnade Jesu herzlich geliebter Freund!
Ich dachte diesmal Sie persönlich zu besuchen, allein da solches nicht gut geschehen kann, folge ich der andringenden Neigung, meinen Besuch schriftlich zu thun. Denn obwohl wir uns leiblich nicht kennen, so sind wir doch dem Geiste nach einander bekannt, denn ich habe sowohl mittelbar durch Ihre Schriften als unmittelbar im Geiste vielen Segen und Licht durch Gottes Hand empfangen, und sonderlich im Wege der Wahrheit, da ich apart pag 236 und 237 (VI, 13, 14) meinen Zustand bemerkte, da ich schon fünf Jahre seit meiner Erweckung ein kümmerliches und beschwerliches Leben führte, und die sonstigen Uebungen im Aeußeren nicht mehr brauchen konnte.
….
O, wie manchmal bin ich schon zur Dankbarkeit bewogen worden, daß mir und anderen Seelen diese Schriften hier bekannt geworden und daß er einen so großen Segen auf das kleine Werk gelegt hat. Nach dieser Regel tracht ich mich nun zu üben, wiewohl sehr zerbrechlich nämlich Jesum, unseren großen Versöhner, ganz für mich und in mir zu haben, ja, ganz für ihn, ganz in ihm zu sein, sowohl für meine eigene Person, als auch in Verkündigung des Evangelii, laut meines Berufes Jesum ganz darzustellen. So begehre ich denn hiermit herzlich in kindlicher Einfalt, daß der liebe Freund doch meiner hierzu unaufhörlich gedenken wolle vor dem Herzen und Angesichte Gottes, womit er so bekannt und so gemeinschaftlich ist; ja, daß ich möge von allem ganz abgewandt werden und in diese süße Liebesgemeinschaft Gottes wesentlich eingeführt werde.
„Da hört denn auf,
Mein Hunger, Durst und Lauf,
Denn da ist meine Ruh’,
Da thu’ ich dann die frohen Augen zu.“
Mein armer Geist findet nichts in den schlechten Dingen dieser Welt und ich fühle, daß ich gezogen werde, ihm nachzulaufen. Mein herzlich geliebter Freund wolle doch meiner eingedenk sein, in Ansehung meines wichtigen Berufes, daß ich doch unseres lieben Gottes Wort und seinen liebsten Willen, der uns so herzlich zugethan und so gütig ist, möge allen Herzen kund thun, daß sie doch sehen mögen, zu welchem Ende sie erhalten und zu welchem hohen Adel sie berufen sind. O, wie thut mir’s manchmal so wehe, wenn ich sehe, daß die armen erweckten Gemüther nicht können zu ihrer Beförderung nach ihren Stand behandelt werden, weil ich nur so ein Taugenichts bin. O seid doch auch ihrer aller eingedenk, denn es ist ja höchst nöthig, sie begehren es ja auch und lieben Sie so herzlich in der Liebe unseres Gelieben. Und Sie wollen mir auch nicht übel nehmen, daß ich schließlich noch ein paar Zeilen begehre zur Antwort, wenn es Ihnen nicht beschwerlich ist, zur Lehre und Aufmunterung. Es soll uns herzlich lieb sein. Ich verbleibe
Adam Krehbiel
Quellenangabe:
Mennonitische Blätter, 22, 1875, S. 42 f.
nachgehört
Einblicke in den Glauben des mennonitischen Predigers Adam Krehbiel gewährt ein „Trostbrief“, den er 1786 an seine Tochter schrieb.
Die zehn Stationen

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